Wenn es in der Seele schmerzt

Ist Psyche gleich Seele gleich Geist? Geht es „nur“ um diese drei Komponenten oder stehen diese in Wechselwirkung mit unserem Körper? Falls ja, wie genau funktioniert dieses Zusammenspiel? Alleine darüber ließen sich mehrere Abhandlungen schreiben! Wir haben eine Expertin auf diesem Gebiet, unsere Karin Madenberger, Leiterin unseres Zentrums für Akademische Weiterbildung und praktizierende Psychotherapeutin, gebeten, anlässlich des heutigen 30. Welttags der mentalen Gesundheit ein paar Tipps und Hinweise für euch hier zusammenzufassen.

Die deutsche Sprache differenziert sehr genau zwischen Psyche, Seele und Geist. Im Englischen spricht man umfassend von Mental Health – lasst uns hier daher diese breite Sichtweise einnehmen. Dass psychische oder psychisch indizierte Krankheiten mitten unter uns quer durch alle sozialen Schichten weit verbreitet sind, ist mittlerweile gut bekannt. Mit der wirklichen Akzeptanz dieser Erkrankungen sieht es leider weniger gut aus. Sowohl seitens der Betroffenen als auch generell in der Gesellschaft.

„Reiß dich doch zusammen!“ – Ein Rat, auf den man getrost verzichten kann.

In unserer Gesellschaft umgibt psychische bzw. psychisch indizierte Erkrankungen noch immer ein gewisses „Stigma“ und es kommt immer wieder zu Fällen von Diskriminierung. Nicht nur am Arbeitsplatz, sogar innerhalb der Familie, im Freundeskreis und im restlichen sozialen Umfeld haben es betroffene Menschen oft schwer. Das berühmte „Reiß dich doch zusammen!“ oder „Du musst dich einfach nur aufraffen!“ bringt viele Erkrankte schier zur Verzweiflung. Um das diesbezügliche Bewusstsein der Weltgemeinschaft zu schärfen und die Wichtigkeit psychischer Gesundheit hervorzuheben, riefen die Weltgesundheitsorganisation und die World Federation for Mental Health bereits 1992 den „Welttag für mentale Gesundheit“ ins Leben. Wir als FH CAMPUS 02 unterstützen diese Initiative aus tiefster Überzeugung!

Es wäre unseriös, im Kurzabriss die Symptomatiken einzelner psychischer Krankheitsbilder beschreiben zu wollen. Nicht zuletzt, weil sich Symptome teilweise sowohl in einem als auch in mehreren anderen wiederfinden. Aber es ist jedenfalls legitim Hinweise zu geben, wann man wachsam werden sollte, wie man damit umgehen kann und wo euch eure FH CAMPUS 02 und eure ÖH der FH CAMPUS 02 bei Bedarf gerne unterstützen.

Was sind also erste Anzeichen, dass möglicherweise eure „Seele schmerzt“?

  • Innere Unruhe bis hin zu Angst: Es fühlt sich z. B. so an als stünde man vor einer Prüfung, aber es gibt keine Prüfung (Bauchgrummeln, Kribbeln in den Beinen, nicht sitzen bleiben können, das diffuse Gefühl „da ist was/da kommt was auf mich zu“).
  • Schlafstörungen: Schwierigkeiten beim Einschlafen und/oder beim Durchschlafen, Albträume, beim Aufwachen Druck auf der Brust bis hin zu Atemnot
  • Stimmungsschwankungen: ohne Anlass gereizt, ungeduldig, weinerlich sein
  • Konzentrationsprobleme: bspw. etwas lesen wollen, lernen wollen, wem zuhören wollen und die Gedanken triften immer wieder irgendwo hin ab oder auch auffallende Vergesslichkeit
  • körperlich: Rücken-/Nackenschmerzen, Verspannungen, Kopfweh, Dauermüdigkeit bis hin zur Erschöpfung, …
  • Stress: nicht wirklich belastbar sein, schnell überfordert sein

Was kann man dagegen tun?

Als Orientierung darf man heranziehen: Wenn diese oder ähnliche Symptome länger als zwei bis drei Wochen hindurch anhalten und 3 – 4mal pro Woche auftreten und man selbst gar keine Idee hat „woher der Wind wehen könnte“, sollte der nächste Weg unbedingt zum Arzt führen. Es ist sinnvoll medizinisch abklären zu lassen, ob diese Empfindungen eventuell auch eine physische Ursache haben. Ein unausgeglichener Hormonhaushalt, zu wenig Schlaf, falsche Ernährung, zu wenig Bewegung, Medikamentenunverträglichkeiten, zu viel Alkohol sowie bis dato nicht erkannte körperliche Krankheiten können durchaus auch Auslöser dieses Unwohlseins sein. Die meisten warten oftmals aus Scham oder wegen Schuldgefühlen viel zu lange bis sie Hilfe in Anspruch nehmen!

Bei psychischen Ursachen hat sich folgendes Vorgehen bewährt:

Schritt 1: Der Selbstcheck ( = die ehestmöglich Auseinandersetzung mit sich selbst)

    • Gab es einen bestimmten Auslöser/Grund/Zeitpunkt/Anlass für meinen Zustand?
    • Habe ich mir zu viel aufgebürdet?
      Job, Familie/Partner*in, Freunde und ein (berufsbegleitendes) Studium unter einen Hut zu bringen, ist eine große Herausforderung!
    • Ist in meinem privaten Umfeld alles in Ordnung? Beziehung? Elternhaus? Freunde?
      Habe ich überhaupt Zeit für mein privates Umfeld?
    • Ist in meinem beruflichen Umfeld soweit alles im grünen Bereich? Aufgaben- und Verantwortungsbereich? Permanente Erreichbarkeit? Kollegen*Kolleginnen? Vorgesetzte?
    • Läuft es in meinem Studium, meiner Weiterbildung etc. halbwegs rund?
    • Habe ich einen größtenteils geregelten Tages-/Wochenablauf? Schlafrhythmus, regelmäßiges Essen, genug Bewegung, geregelte Arbeitszeiten, Ruhe und Raum für Lernphasen

Schritt 2: Die ehrliche Selbsteinschätzung, sofern die Ampel in einem Bereich*mehreren Bereichen auf rot oder orange springt:

    • Wüsste ich, was zu tun ist, damit das Licht wieder grün wird?
    • Falls ja:
      • Vertraue ich mir, dass ich alleine die Kraft und den Mut habe, die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten und nachhaltig etwas zu ändern?
      • Gibt es Menschen in meinem Umfeld, die ich um Unterstützung bitten kann?
    • Falls nein: s. nächster Punkt „Hilfe“
    • Sollte jemand bereits mit Selbstmordgedanken spielen oder immer wieder einmal „suizidale Gedankeneinschüsse“ haben: Bitte sucht euch sofort professionelle Hilfe resp. wendet euch zumindest unverzüglich an eine Person eures Vertrauens und teilt eure Gedanken.

Schritt 3: Hilfe in Anspruch nehmen

    • Bei einem Psychotherapeuten*einer Psychotherapeutin
    • Bei Psychologen*Psychologinnen
      Vollfinanzierte Kassenplätze haben derzeit sehr lange Wartezeiten. Daher unterstützt die ÖH der FH CAMPUS 02 Studierende finanziell bei Inanspruchnahme einer Psychotherapie bei einem Wahlpsychotherapeuten*einer Wahlpsychotherapeutin eurer Wahl! Euer Anliegen wird selbstverständlich absolut vertraulich behandelt: https://www.oeh-campus02.at/referate/sozialreferat/
    • Bei der Psychologischen Studierendenberatung in Graz: https://www.studentenberatung.at/
    • Mitarbeiter*innen der FH CAMPUS 02 können gerne auf das employee assistance-Programm der FH CAMPUS 02 zurückgreifen. Die relevanten Informationen findet ihr in unserem Intranet unter „Psychologische Beratung“.
    • Etliche Kontaktadressen (auch für akute Notfälle) findet ihr auch auf der Plattform „Psyche“ des Gesundheitsfonds Steiermark: https://gesundheitsfonds-steiermark.at/plattform-psyche/erste-hilfe-krisendienst/ 

 

Quellen:

Vgl. Psychische Erkrankungen, Klinik und Therapie, Hrsg. Berger, Mathias, unter Mitarbeit von Henriette Rintelen, 6. Aufl., 2018, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, ISBN: 978-3437224850
Vgl. Immer funktionieren funktioniert halt nicht: Über die alltägliche Überforderung und die Kunst, bei sich zu bleiben. Coach und Psychotherapeut erzählen aus der Praxis, 1. Aufl., 2021, ISBN: 978-3462001228
Vgl. Wirklich psychisch bedingt? Somatische Differentialdiagnosen in der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie, Hrsg. von Ulrich Lamparter und Hans-Ulrich Schmidt, 1. Aufl., 2018, ISBN: 978-3-608-43135-3
Vgl. https://www.who.int/health-topics/mental-health#tab=tab_1, 5.10.2022
Vgl. https://wmhdofficial.com/about/, 5.10.2022