Thomas Reisenegger, Absolvent des Departments Marketing & Sales an der FH CAMPUS 02, leitet seine eigene PR- und Marketingagentur Future Friends Games in London. Mit dem Millionenseller “Vampire Survivors” feierte er seinen bisher größten PR-Hit. Im Interview zur Reihe “Absolvent*in des Monats” berichtet der Exilsteirer über seine Studienzeit und das Geheimnis seines Erfolgs.

Warum hast du dich damals für das Studium Marketing & Sales entschieden?  

Nach meinem Abschluss an der HAK war mir klar, dass ich meine Karriere im Marketing fortsetzen möchte. Die Verbindung zur Wirtschaft hat mich während meines Studiums besonders angesprochen, und die Aussicht auf ein Auslandspraktikum war ein großer Anreiz für mich. Ich nutzte die Gelegenheit nach Brighton zu gehen, wo ich nach meinem Masterabschluss einige Jahre gelebt habe, bevor ich mit meinem Unternehmen nach London gezogen bin. 

Wenn du an dein Studium zurückdenkst, woran denkst du besonders gerne?  

Meine Studienkolleg*innen stehen natürlich an erster Stelle. Zudem haben mir mein Auslandspraktikum in England und einige Wochen Summer School in China außerordentlich gut gefallen. Diese Erfahrungen haben mich nachhaltig geprägt und mir klar gemacht, dass ich unbedingt in einem internationalen Umfeld arbeiten und beruflich viel reisen möchte. Daher habe ich bereits früh in meiner Karriere begonnen, Vorträge und Präsentationen über Marketing und Social Media auf Videospiel-Konferenzen zu halten. Als Redner wurde ich zu Veranstaltungen in verschiedenen europäischen Ländern, den USA, Australien, Taiwan und anderen Orten eingeladen, was mir unglaublich viel Freude bereitet.

Welche Erfahrungen hast du in deiner beruflichen Laufbahn gesammelt und wie haben sie dich geprägt? 

Im Bereich Marketing, Social Media und PR ist ständige Veränderung an der Tagesordnung, und wenn man in einer dynamischen Branche wie der Videospielindustrie arbeitet, gilt dies in besonderem Maße. Im Verlauf der Jahre habe ich erkannt, dass unser Erfolg auf unserem stets aktuellen Wissen und unserer Begeisterung für unsere Projekte beruht.

Wir kooperieren mit zahlreichen kleinen Spieleentwicklungsstudios, die zwischen 1 und 20 Mitarbeitende haben, da wir uns finanziell nicht mit den Blockbustern messen können, die Tausende von Mitarbeitenden beschäftigen. Doch dafür haben wir den Vorteil, schnell agieren zu können, kreativer zu sein und vor allem Spaß an dem zu haben, was wir tun – und das kommt insbesondere in den sozialen Medien gut an. Einige unserer Spiele gewinnen gelegentlich Preise (beispielsweise hat “Vampire Survivors” einen BAFTA gewonnen) oder werden auf Plattformen wie TikTok, Reddit und Co. viral und erzielen Millionen von Aufrufen, ohne dass wir für diese Reichweite bezahlen müssen. Es ist für uns unerlässlich, kontinuierlich neue Ansätze auszuprobieren und Dinge nicht einfach “aus Gewohnheit” zu tun.

Unser Motto lautet “do things that make sense” – und das bedeutet auch, dass wir regelmäßig unsere eigenen Regeln brechen müssen.

Inwiefern hat dich dein Studium dabei unterstützt, diese berufliche Laufbahn zu verwirklichen? 

Während meines Studiums habe ich definitiv gelernt, wie wichtig es ist, meine Arbeit selbstständig zu organisieren und termingerecht abzuschließen. Zudem hatten wir regelmäßig Präsentationen, wodurch ich mich im öffentlichen Sprechen sicherer fühlte. Diese Fähigkeiten erwiesen sich als äußerst nützlich, da meine Vorträge auf internationalen Konferenzen und  YouTube große Reichweiten erzielten und uns international in der Indie-Szene einen Namen einbrachten. Aktuell sind wir selten aktiv auf der Suche nach Kunden, sondern werden vielmehr aufgrund von Empfehlungen und unserem erstklassigen Ruf gebucht.

Wo siehst du in Zukunft die Herausforderungen für Marketing & Sales? Welche Inhalte sollten in der Lehre besonders fokussiert werden? 

Ich bin überzeugt, dass künstliche Intelligenz im Bereich Marketing und Vertrieb enorme Auswirkungen haben wird. Das bedeutet für mich, dass wir darüber nachdenken müssen, wie wir damit umgehen, aber auch wie wir das genaue Gegenteil praktizieren können. Meiner Ansicht nach werden einige der großen Gewinner im Bereich Indie-Spiele in PR und Social Media Unternehmen sein, die sich bewusst vom starren Maschinenimage abheben und stattdessen eine authentische und menschliche Kommunikation pflegen. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern darum, echte Verbindungen herzustellen und eine persönliche Note zu vermitteln.

Studierenden rate ich… 

… aufs Bauchgefühl zu hören und das zu tun, was einem Freude bereitet. Der Rest ergibt sich von selbst. Ehrlich gesagt, hätte ich zu meiner Zeit in Graz nie gedacht, dass ich einmal ein Unternehmen mit 10 Mitarbeiter*innen führen, erfolgreich Spiele veröffentlichen und an weltweiten Indie-Hits mitwirken würde. Ich bin dankbar, dass es mich damals nach England geführt hat, wo ich meinen Traumjob gefunden habe.

Auf ein paar Worte mit Thomas: 

Aus meiner Studienzeit besitze ich noch…
… sehr mittelmäßige Italienisch-Kenntnisse. Nach 8 Jahren in Großbritannien ist mein Englisch auf jeden Fall sehr brauchbar, aber mit Italienisch bin ich auch nach dem Studium nie warm geworden. Scusi. 

Wer hat dich inspiriert?
Shigeru Miyamoto. Als legendärer Spiele-Erfinder von Nintendo hat er Meisterwerke wie Super Mario, Donkey Kong, die Wii, Zelda und viele weitere erschaffen. In all seinen Interviews wirkt er stets bodenständig und es scheint, als ob er wirklich Freude an seinen Spielen hat.

Wenn ich noch einmal studieren würde, würde ich…
… dem Thema Buchhaltung weniger Bedeutung beimessen. Ich persönlich habe keine Affinität dazu und daher einfach einen Buchhalter beauftragt 😉

Mein Studium in 4 Worten… 

• witzig
• Auslandsreisen
• anstrengend
• Schnitzelsemmel am Buffet war immer top