Unternehmensnachfolge in der Steiermark

Die demografische Entwicklung unserer Gesellschaft spiegelt sich in sämtlichen Lebensbereichen wider und hat demzufolge auch erhebliche Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben. Den wohl bedeutendsten Faktor stellt, bedingt durch sinkende Geburtenraten und den Anstieg der Lebenserwartung, die alternde Bevölkerung dar. Zusätzlich zur fortschreitenden Überalterung sind zudem einige Regionen von einer zunehmenden Urbanisierung betroffen. Bedingt durch die Abwanderung, vorwiegend junger Bewohner, in die Ballungszentren fehlt es den Unternehmen in den betroffenen Regionen nicht nur an qualifizierten Arbeitskräften sondern auch an potenziellen Unternehmensnachfolgern für die zur Übergabe anstehenden Betriebe.

Als unmittelbare Folge dieser Entwicklungen ist es daher besonders wichtig, geeignete Nachfolger zu akquirieren und so den Bestand an regionalen Unternehmen nachhaltig zu sichern. Eine Studie der Studienrichtung Rechnungswesen & Controlling hat es sich daher zum Ziel gesetzt, anhand von Experteninterviews die aktuelle Situation der Unternehmensübergabe in den einzelnen Regionen der Steiermark zu analysieren, sowie den aktuellen Praxisstand aufzuzeigen um daraus entsprechende Handlungsempfehlungen abzuleiten.

Die wesentlichen Studienergebnisse und Erkenntnisse lassen sich wie folgt in sechs Haupt-themengebiete zusammenfassen:

Ruhestand des Seniorunternehmers sowie wirtschaftliche und finanzielle Gründe sind die häufigsten Motive für eine Unternehmensübergabe!

Die Beweggründe für eine Unternehmensübergabe sind vielfältig und reichen von privaten bzw. familiären Motiven bis hin zu wirtschaftlichen Auslösern. Laut Einschätzungen der befragten Experten ist der häufigste Grund für eine Unternehmensübergabe der bevorstehende Pensionsantritt des Seniorunternehmers, gefolgt von wirtschaftlichen und finanziellen Motiven.

Gründe für eine Unternehmensübergabe

Die Unternehmensnachfolge erfolgt in erster Linie familienintern!

Die Unternehmensnachfolge kann familienintern, betriebsintern (durch Mitarbeiter) oder durch betriebsfremde Personen erfolgen. Am häufigsten erfolgt laut Expertenmeinung die familieninterne Nachfolge. Diese Einschätzung deckt sich im Wesentlichen auch mit den Ergebnissen einer Erhebung der KMU Forschung Austria aus dem Jahr 2008. Dieser zufolge wird etwa jeder zweite Betrieb innerhalb der Familie übergeben. Am zweithäufigsten ist die betriebsinterne Nachfolge.

Unzureichende Vorbereitung auf Übergeberseite und finanzielle Schwierigkeiten auf Übernehmerseite zählen zu den wesentlichsten Herausforderungen im Übergabeprozess!

Der Übergabeprozess stellt eine Ausnahmesituation in jedem Unternehmenslebenszyklus dar, weswegen nicht selten Hürden überwunden werden müssen um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. Das wohl häufigste Hemmnis auf Übergeberseite ist nach Meinungen von rund 90 % der Experten die nicht zeitgerechte Vorbereitung der Übergabe seitens des Seniorunternehmers. Diese spiegelt sich auch in den Expertenangaben zum Einleitungszeitpunkt des Übergabeprozesses wider. Die steirischen Unternehmen wenden sich häufig erst wenige Monate vor der tatsächlichen Übergabe an entsprechende Beratungsstellen. Der am häufigsten gewählte Zeitraum, in welchem die Übergabe eingeleitet wird, liegt zwischen drei bis sechs Monaten vor der geplanten Übergabe. Neben einer unzureichenden Planung stellen auch das Nichtvorhandenseins eines passenden Nachfolgers sowie überhöhte Kaufpreisvorstellungen des Übergebers häufige Hürden im Übergabeprozess dar. Ein schwerwiegendes Problem ist darüber hinaus ein Investitionsstopp vor der Unternehmensübergabe. Werden über Jahre hinweg weder Ersatz- noch Neuinvestitionen getätigt, verliert das zu übergebende Unternehmen nicht nur an Wert, sondern bedingt auch einen erhöhten Investitionsbedarf seitens des Übernehmers. Nicht selten fehlt es jedoch gerade auf Übernehmerseite an den notwendigen finanziellen Mitteln. Folgt man der Meinung der befragten Experten, so sind es meist Finanzierungsschwierigkeiten des potenziellen Nachfolgers, die den Übergabeprozess auf Übernehmerseite behindern.

Gut ein Drittel der zur Übergabe anstehenden Betriebe muss lt. Schätzungen der Experten geschlossen werden, da kein Nachfolger zur Verfügung steht!

Optimierungspotenzial besteht auch bei den Unternehmensschließungen aufgrund eines Mangels an Nachfolgern. 55,6 % der Experten schätzen, dass ca. 20 bis 39 % der übernahmefähigen Unternehmungen aufgrund eines Nachfolgermangels geschlossen werden müssen. Insbesondere Regionen außerhalb der Ballungszentren können dadurch erhebliche wirtschaftliche und gesellschaftliche Nachteile erleiden. Um die Entstehung einer Unternehmerlücke vor allem in ländlichen Gebieten zu vermeiden, müssen daher verstärkt Maßnahmen gesetzt werden, um zu gewährleisten, dass übernahme- bzw. lebensfähige Unternehmen auch weitergeführt werden.

Klares Ja zur Unternehmensnachfolge mit 50plus!

Aufgrund der demografischen Entwicklung und damit einhergehenden Verknappung des Angebots an jungen Nachfolgern, bedarf es auch die Generation der über 50-Jährigen für die Unternehmensnachfolge anzusprechen. Eine Unternehmensübernahme mit 50plus wird vom Großteil der Experten als äußerst sinnvoll erachtet. Vor allem die Lebens- und Berufserfahrung sprechen für eine Übernahme im fortgeschrittenen Lebensalter. Auch die finanzielle Unabhängigkeit und die positive Arbeitseinstellung kommen den Nachfolgern mit über 50 Jahren zu Gute. Hingegen können eine zu konservative Einstellung gegenüber technologischen Innovationen und eine verminderte Risikobereitschaft die Weiterentwicklung der betroffenen Unternehmen hemmen.

Um auch zukünftig eine funktionierende Regionalwirtschaft gewährleisten zu können, muss die Förderung des Unternehmertums wieder verstärkt ins Zentrum der öffentlichen und politischen Wahrnehmung gerückt werden. Daher wäre es zum Beispiel empfehlenswert, der jüngsten Rechnungshofkritik an der Förderpraxis der LEADER-Projekte Folge zu leisten und die Bedürfnisse der gewerblichen Wirtschaft wieder stärker zu berücksichtigen. Nur durch den Erhalt des Unternehmertums in den Regionen können letztendlich Arbeitsplätze gesichert, Wertschöpfung erhalten und eine nachhaltige Regionalentwicklung garantiert werden.

Die gesamte Studie erhalten Sie an der Studienrichtung Rechnungswesen & Controlling der FH CAMPUS 02 bzw. am IWS Institut für Wirtschafts- und Standortentwicklung der Wirtschaftskammer Steiermark.