Fachhochschulen als Antrieb für die steirische Wirtschaft

Weiteres Wachstum bedarf politischer Unterstützung

 Am 1. Oktober 2018 starteten an den steirischen Fachhochschulen die neuen Studiengänge „Business Software Development“ und „Mobile Software Development“ in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Graz. Aufgrund des ausgelaufenen Fachhochschulentwicklungs- und Finanzierungsplans braucht der FH-Sektor für den notwendigen Ausbau aber eine Valorisierung der Fördersätze und die Freigabe neuer Studienplätze. Auch eine Basisfinanzierung im Bereich Forschung und Entwicklung wird seit Jahren verschoben.

Studiengangsleiter Elmar Krainz (FH JOANNEUM) & Stefan Grünwald (FH CAMPUS 02)

 Der heutige Tag ist für die steirischen Fachhochschulen FH JOANNEUM und FH CAMPUS 02 ein guter. Binnen 18 Monaten ist es gelungen, eine für die Wirtschaft dringend notwendige und für die Studierenden finanziell und qualitativ optimale Ausbildung zu schaffen: Die dualen Bachelorstudiengänge „Business Software Development“ an der FH CAMPUS 02 und „Mobile Software Development“ an der FH JOANNEUM tragen dazu bei, den durch die Digitalisierung stetig steigenden Bedarf an IT-Expertinnen und -Experten zu decken.

Die Besonderheiten der Studiengänge im Bereich der Angewandten Informatik: Die Studierenden werden an den Studiengängen im ersten Studienjahr hauptsächlich von Lehrenden der Fakultät für Informatik der TU Graz unterrichtet. Ab dem dritten Semester wird die Präsenzzeit an den Fachhochschulen auf zwei Tage pro Woche begrenzt und die Studierenden arbeiten in Ausbildungsbetrieben. Seit heute sitzen die Studierenden zum ersten Mal im Hörsaal.

 

Hier geht es zum Video über die Pressekonferenz.

 

Fachhochschulen als standortpolitischer Motor für Entwicklung und Qualifizierung

Nach drei Jahren Ausbildung werden die Absolventinnen und Absolventen der dualen IT-Studiengänge gemeinsam mit den bisherigen rund 18.000 Absolventinnen und Absolventen der steirischen Fachhochschulen Hervorragendes in der Wirtschaft leisten. Möglich wurde die neue Ausbildung, durch eine Ausschreibung des Bundes im August 2017 über 450 neue Studienplätze im MINT-Bereich. Seither hat es keine weitere gegeben. Die Fachhochschulen weisen immer wieder auf ausstehende Entscheidungen hin. Im Rahmen der Fachhochschulkonferenz wurden die wichtigsten Forderungen zusammengefasst:

  • Valorisierung der Studienplatzförderung

Seit Gründung der Fachhochschulen (1993) sind die Fördersätze nur zweimal erhöht worden – letztmals 2016. Die FH-Träger haben in den 25 Jahren ihres Bestehens bereits die Hälfte der Kostensteigerungen durch Effizienzmaßnahmen beziehungsweise Abgangsdeckungen selbst getragen. Um die hohe Qualität weiterhin sicherzustellen, ist es notwendig, eine Anpassung vorzunehmen.

  • Ausbau des FH-Sektors

Aktuell werden österreichweit jährlich an die 50.000 BewerberInnen für FH-Studiengänge abgewiesen – ein Großteil davon, weil es zu wenige Studienplätze gibt. Gleichzeitig sucht die Wirtschaft händeringend nach qualifizierten Absolventinnen und Absolventen. 15 Prozent der österreichischen Studierenden absolvieren ihre Ausbildung aktuell an einer Fachhochschule. 29 Prozent aller Personen, die jedes Jahr ein Hochschulstudium abschließen, kommen aktuell von Fachhochschulen. Im Bereich der Ingenieurswissenschaften kommt der FH-Sektor sogar auf 33 Prozent der österreichweiten Hochschulabschlüsse in diesem Themenfeld.

  • Sicherstellung einer Forschungsfinanzierung

Fachhochschulen gewährleisten entsprechend ihres gesetzlichen Auftrags ein wissenschaftlich fundiertes, praxisbezogenes Studium. Im Gegensatz zu den Universitäten gibt es darüber hinaus keine nachhaltige Forschungsfinanzierung des Bundes. Dabei bringt die Diversifizierung der Forschungslandschaft Vorteile, da die Fachhochschulen mit rund 1.500 Unternehmen pro Jahr (davon 62 Prozent KMUs) kooperieren und so den Wissenstransfer in die mittelständische Wirtschaft und in die Regionen schaffen.

Die steirischen Fachhochschulen FH JOANNEUM und FH CAMPUS 02 als Teil der steirischen Hochschullandschaft ergänzen sich in ihrer jeweiligen Schwerpunktsetzung und verbinden Wissenschaft und Wirtschaft optimal. Mit über 18.000 Absolventinnen und Absolventen seit Gründung der ersten steirischen Fachhochschule 1995 sind sie verlässliche Partner für die Unternehmen in der Region. Gleichzeitig werden Drittmittel in Höhe von jährlich 7,5 Mio. Euro in angewandter Forschung und Entwicklung akquiriert, die im kompetitiven Wettbewerb erreicht werden.

 

Statements

Josef Herk, Präsident der Wirtschaftskammer Steiermark:

„Als WKO verzeichnen wir mittlerweile mehr als 60.000 Bildungskundinnen und -kunden pro Jahr. Ein Beweis für die außerordentliche Qualität unserer Bildungseinrichtungen, angefangen vom WIFI bis hin zur Fachhochschule CAMPUS 02. Für diese Qualität sind unsere Kundinnen und Kunden auch bereit, einen entsprechenden finanziellen Beitrag zu leisten. Umso unverständlicher ist aus meiner Sicht hier die Vorgehensweise des Bundes, denn die Fachhochschulen brauchen natürlich wie jedes Unternehmen Rechtssicherheit für ihre Planungen. Diese ist mit dem Aufschub des Fachhochschulentwicklungs- und Finanzierungsplan zurzeit nicht gegeben. Wir treten hier für eine rasche Lösung ein.”

 Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark:

„Der Themenbereich der Softwaretechnologie nimmt eine zentrale Rolle bei der weiteren Entwicklung der steirischen Industrie ein. Innovation im Zeitalter der ‚Smart Production‘ wird künftig stark durch die Verbindung von klassischen steirischen Kompetenzen – wie dem Anlagenbau oder der Elektronik – mit Software sein. Darüber hinaus sind duale Organisationsformen, die das Beste aus der Welt der Ausbildung und aus der Welt der Arbeit miteinander verbinden, zukunftsweisend für Studierende, Unternehmen und Standort. Auf dem Weg zu einer Gewinnerregion der Digitalisierung, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor die Verfügbarkeit von gut qualifizierten Fachkräften. Die Studiengänge ‚Business Software Development‘ und ‚Mobile Software Development‘ leisten hierfür wichtige Beiträge.“

 Kristina Edlinger-Ploder, Rektorin/wissenschaftliche Geschäftsführerin FH CAMPUS 02:

„Der Bedarf einer koordinierten und kooperativen Weiterentwicklung im Hochschulsektor ist unbestritten und wurde im Prozess ‚Zukunft Hochschule‘ von Universitäten und Fachhochschulen breit mitgetragen. Nach dem Zukunftspaket für die Universitäten braucht es nunmehr die Unterstützung des Bundes für den Fachhochschulsektor, damit dieser seinem Bildungsauftrag optimal entsprechen kann. Digitalisierung, Blendend Learning oder Angewandte Forschung und Entwicklung, um auf dem gegenwärtigen Niveau zu bleiben, sind nur einige Stichworte der Herausforderung.“

Karl Peter Pfeiffer, wissenschaftlicher Geschäftsführer FH JOANNEUM:

„Universitäten als Hochburgen des theoretischen Wissens und Fachhochschulen, an denen die praktische Anwendung des vermittelten Know-hows eine bedeutende Rolle in der Lehre einnimmt, ergänzten sich in den vergangenen 25 Jahren optimal. Damit das auch in Zukunft möglich ist, muss der Hochschulraum in Balance bleiben. Wir wünschen uns daher ein positives Signal an die Fachhochschulen seitens des Bundes, um den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Österreich ideal zu unterstützen.“

Erich Brugger, kaufmännischer Geschäftsführer FH CAMPUS 02:

„Fachhochschulen können nur dann einen Nutzen für den Standort schaffen, wenn wir in der Lehre auf die aktuellen Herausforderungen in Unternehmen vorbereiten. Wir müssen die Absolventinnen und Absolventen befähigen, die Digitalisierung in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich im Unternehmen voranzutreiben. Dazu sind die Digitalkompetenzen zu fördern: durch moderne Lehrkonzepte und hochaktuelle Lehrinhalte. Diese Qualität in der Lehre verlangt Investitionen. Wir brauchen für neue Herausforderungen eine neue finanzielle Dotierung, also eine Anpassung der Förderung.“

 Martin Payer, kaufmännischer Geschäftsführer FH JOANNEUM:

„Um auch weiterhin exzellente Ausbildung und innovative Forschung garantieren zu können, brauchen wir als Fachhochschulen in der Planung Finanzierungssicherheit. Auch beim Entgegenwirken des Fachkräftemangels können die Fachhochschulen eine entscheidende Rolle einnehmen. Eine Ausschreibung neuer Studienplätze in Bereichen, in denen die Absolventinnen und Absolventen besonders gefragt sind, ist dabei genauso nötig, wie eine regelmäßige Valorisierung der Studienplatzförderung.“

 

Titelfoto: FH CAMPUS 02 / Foto Melbinger

v.l.n.r: Martin Payer, Josef Herk, Kristina-Edlinger-Ploder, Erich Brugger, Karl Peter Pfeiffer, Georg Knill