Leistungsfeststellung im (internationalen) Vergleich

Autoren: Wilhelm Loibl, René Hubert Kerschbaumer, Dietmar Kappel

 

Eine Frage, die in der Lehre sehr oft gestellt wird und besonders für Studierende überaus wichtig ist, wäre: Wie komme ich zu einer positiven (oder guten) Note? Oft ist diese Frage besonders für noch nicht so erfahrene Kolleg*innen nicht so einfach zu beantworten. Im Folgenden wollen Wilhelm Loibl, Dietmar Kappel und René Kerschbaumer uns einen kurzen Überblick geben, wie dieses Problem in verschiedenen Universitäten in unterschiedlichen Ländern gehandhabt wird, um so vielleicht ein paar Handlungsansätze zu liefern wie die eigene Praxis verbessert werden könnte.

An der University of Chester (England) wird für jede Leistungsfeststellung (ausgenommen Mitarbeit) ein sogenannter „Assessment Brief“ (oder „Assignment Brief“) erstellt. Die Entwicklung dieses Assessment Briefs startet zumindest 2-3 Wochen vor Beginn der LV und er wird mit Kolleg*innen besprochen, um Probleme wie z. B. missverständliche Formulierungen auszuschließen. Am Ende des Entwicklungsprozesses wird ein „Assessment Monitoring“-Formular ausgefüllt, um zu bestätigen, dass alle Fehler ausgebessert wurden. Danach kann der Brief auf Moodle den Studierenden zur Verfügung gestellt, und in der ersten LV-Einheit besprochen werden.

Inhaltlich bietet der Brief Details bezüglich des zu bearbeitenden Themengebietes sowie organisatorische Hinweise zur Gestaltung, Abgabe und zur Basisliteratur. Besonders interessant für Studierende ist die sogenannte „Rubric“ im Anhang, welche in tabellarischer Form Informationen zur Benotung gibt. Dabei werden in den Zeilen die jeweiligen zu bearbeitenden Themen mit deren Gewichtung angegeben, in den Spalten sind die Notenskalen abgebildet. In den jeweiligen Zellen befinden sich Hinweise, was der*die Studierende erfüllen muss, um eine jeweilige Note zu erhalten.

An der Singapore Management University (SMU) werden die Assessment-Richtlinien im Course Outline (Syllabus der einzelnen Lehrveranstaltungen) genau und transparent festgelegt. So wissen Studierende vor Beginn der LVs immer, wie sie gemessen werden und wie sie sich vorbereiten können. Im Vergleich zur österreichischen Kultur werden Studierende in Singapore sehr stark auf Noten orientiert – das heißt auch, dass es für sie noch wichtiger ist zu wissen, wie sie zu super Noten kommen. Ein weiteres Studium oder auch der erste Job nach dem Studium hängen sehr oft stark von den Noten ab, daher wird darauf großes Augenmerk gelegt.

Das Course Outline beschreibt oft auch, was die Studierenden schon vor Beginn der LV lesen, schreiben oder auch verstehen müssen als Voraussetzung für die LV. Daher sind Studierende in den meisten Fällen gut auf die LV vorbereiten und wollen daher auch genau wissen, wie sie gemessen werden. In vielen Fällen wird ein Assessment (zumindest in Master- oder Doktorats-LVs) durch einen Teaching Assistant unterstützt, das heißt, es ist für Lehrende dann oft einfacher, sich auf den Inhalt der LV zu fokussieren und zum Beispiel die Mitarbeit durch den TA bewerten zu lassen (meist sind TAs Doktoratsstudierende, die einen Pflichtanteil in Lehre absolvieren müssen oder sich bereits auf ihre eigenen Lehraufträge vorbereiten wollen). Der Course Outline beinhaltet neben den Assessment Criteria (oder auch instructional methods & expectations) Details zum Format der LV, zur Methodik, zu den Lernzielen (Grob- und Fein-Lernziele), Assignments (Arbeitsaufträge) und eine detaillierte Darstellung der einzelnen Sessions (inkl. Literatur zu den einzelnen Terminen).

An der Karl-Franzens-Universität Graz bietet zunächst die LV-Detailansicht in UNIGRAZonline faktultäts- und studienübergreifend einen einheitlichen Überblick über Inhalt, Voraussetzungen, Ziele, Beurteilungsschema, Bewertungsmethode und Prüfungsmodus einer jeden Lehrveranstaltung. In der jeweiligen LV kann sich die operative Darstellung der Inhalte und Modalitäten aufgrund der Größe der Universität auf Fakultäts-, Instituts- und LV-Ebene unterscheiden. Jedoch wird studienübergreifend sichergestellt, dass alle Studierenden detailliert über die jeweiligen LV-Modalitäten informiert werden.

In der Regel verfügt jedes Institut über eine einheitliche Syllabus-Vorlage, die für jede angebotene Lehrveranstaltung mit den jeweiligen Modalitäten befüllt wird. Die Studierenden erhalten auf diesem Wege detaillierte Informationen zu den Inhalten und Zielen der Lehrveranstaltung, wobei insbesondere erörtert wird, über welche Fähigkeiten die Studierenden nach positivem Abschluss der LV verfügen sollten. Darüber hinaus wird die Basisliteratur dargelegt sowie auf weiterführende Literatur verwiesen.

Der Syllabus enthält eine detaillierte Darstellung der einzelnen Teile der Leistungsbeurteilung. Hierbei wird jeder Teil genau beschrieben, wobei die jeweilige Mindest- und Maximalpunktzahl (in Kombination mit dem ebenfalls inkludierten Notenschlüssel) angegeben wird. In diesem Zusammenhang wird ebenso eine tabellarische Auflistung der einzelnen LV-Einheiten bereitgestellt, wobei zu jeder Einheit die jeweiligen Inhalte und die (vorzubereitenden) Aufgaben der Studierenden aufgelistet werden. Dadurch ist es den Studierenden möglich, ein detailliertes Bild über die LV-Anforderungen zu erhalten und ihren eigenen Arbeitsaufwand entsprechend zu planen.

 

Über die Autoren

Dr. Wilhelm Loibl ist hauptberuflicher Lektor und Produktverantwortlicher für den Master Digital Marketing Management. Seine Lehrveranstaltungen reichen von der Einführung in das Digitale Marketing bis hin zu Data Mining und AI. Sein Forschungsinteresse gilt Semantic Web Technologien und Web Scraping/Social Media Mining.

 

Dr. René Hubert Kerschbaumer ist hauptberuflich an der Studienrichtung Marketing & Sales tätig. Seine Lehrtätigkeit umfasst die Bereiche Marketing Management, Touchpoint Management und Customer Experience. Im Rahmen seiner Forschungsarbeit widmet er sich Fragen des Konsument*innenverhaltens im E-Commerce.

 

Dr. Dietmar Kappel ist in der Studienrichtung Marketing & Sales der FH CAMPUS 02 in Lehre und Forschung tätig. Seine Forschungs- und Lehrschwerpunkte umfassen u.a. Themen des Strategic Managements, Plattform-Ökonomie, Digitale Ökosysteme und Nachhaltigkeit in der Wirtschaft.